Illustration einer Schwangeren Frau. Vor ihr steht ein Arzt und ein Mann, mit einem Herz in der Hand. Neben der illustrierten Frau ist ein Foto von Sandra Jacobi zu sehen.

Schwanger mit Mukoviszidose: Was CF-Betroffene mit Kinderwunsch beachten sollten

Dank des medizinischen Fortschritts ist es heute auch für CF-Betroffene möglich, eine Familie zu gründen und eine gesunde Schwangerschaft auszutragen. Die frisch gebackene Mutter Sandra erzählt, wie sie diese besondere Zeit persönlich erlebt hat. Mit uns teilt sie ihre Freude über die Geburt ihrer kleinen Tochter, ihre Erfahrungen während der Schwangerschaft und sie gibt wertvolle Tipps, die andere CF-Betroffene mit Kinderwunsch in dieser Phase unterstützen können.

Eine Schwangerschaft kann für Frauen mit zystischer Fibrose (CF, Mukoviszidose) eine Herausforderung sein, da diese chronische Erkrankung erheblichen Einfluss auf die Lungenfunktion und andere Organe, unter anderem auch das Fortpflanzungssystem, haben kann. Trotzdem sollten Betroffene die Hoffnung nicht ganz verlieren: Bei engmaschiger medizinischer Betreuung und Kontrolle des Gesundheitszustandes kann eine Schwangerschaft möglich sein. Das jedenfalls ist das Mantra von Sandra: „Als siebenfache Patentante war schon immer mein größter Wunsch, selbst einmal Mama zu werden“, erklärt die 30-jährige.

Über Sandra

Bei Sandra wurde die Diagnose CF schon kurz nach der Geburt gestellt. Der Gendefekt war durch einen Darmverschluss und die dadurch notwendige Operation entdeckt worden. Glück im Unglück: Die behandelnde Ärztin leitete zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Therapie ein und begleitete die Heranwachsende über Jahre. So konnte ein vertrauensvolles Verhältnis entstehen. Neben Mukoviszidose hat Sandra noch eine Diabeteserkrankung entwickelt, welche auch im Zuge ihrer Schwangerschaft engmaschig kontrolliert wurde.

Auch ihre Eltern hatten ihren Anteil daran, dass Sandra sich zu einer positiven jungen Frau entwickeln konnte: „Sie haben dafür gesorgt, dass ich zwar meine Therapien mache, aber trotzdem ein normales Leben führen kann. Ich durfte Kind sein“, erinnert sie sich. „Mein Motto war immer, seit ich denken kann: Ich habe zwar Mukoviszidose – sie ist ein Teil von mir, aber sie bestimmt mich nicht.“ Das habe ihr geholfen, durch schwierige Phasen zu kommen, wozu zum Beispiel eine schwere Pilzinfektion, verbunden mit einem langen Krankenhausaufenthalt, zählt. „Ich hatte einige Rückschläge, aber ich bin immer wieder aufgestanden“, sagt Sandra.

Mein Motto war immer, seit ich denken kann: Ich habe zwar Mukoviszidose – sie ist ein Teil von mir, aber sie bestimmt mich nicht. Sandra

Der Kinderwunsch wird konkret

Die Pläne, ein Kind zu bekommen, nahmen bei Sandra und ihrem Partner Marc immer mehr Formen an. Seit acht Jahren ein Paar, fand ihre Hochzeit im Dezember 2021 statt. Von Beginn an war es beiden wichtig, bei dem Thema Familienplanung medizinisch auf Nummer sicher zu gehen. Eine humangenetische Diagnostik, eine sogenannte DNA-Analyse, sollte ausschließen, dass der werdende Vater Träger einer CF-verursachenden Mutation ist: „Wir hätten uns beide nicht vorstellen können, das Risiko einzugehen, den Gendefekt wissentlich an unser Kind weiterzugeben“, sagt die gelernte Verwaltungsangestellte. Ein weiteres Kriterium für die beiden war, dass Sandras Lungenwerte stabil und verlässlich bei 50 Prozent liegen: „Ich wollte meine Schwangerschaft nicht ständig in der Angst verbringen, dass die Ärzte um mein Leben kämpfen müssen und ich sogar mein Kind gefährde“, sagt sie.

Unter intensiver Betreuung ihrer behandelnden Ärztin hat Sandra es schließlich geschafft, diese Werte zu erreichen: „Ich habe meine Therapie etwas verändert und mit viel Sport und Physiotherapie an meinem Gesundheitszustand gearbeitet.“

Den Moment, als sie die Gewissheit hatte, endlich schwanger zu sein, wird sie nie vergessen: „Ich war mit meinem Mann Marc, mit meiner Schwiegermutter und der Tante meines Mannes shoppen. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass etwas anders ist“, erinnert sie sich.

Als der Test dann zu Hause zwei Striche anzeigte, bin ich schreiend und weinend zu meinem Mann gelaufen. Wir konnten unser Glück kaum fassen. Sandra
Wie beeinflusst Mukoviszidose die Fruchtbarkeit?

Unter anderem dank des medizinischen Fortschritts ist es inzwischen möglich, dass Frauen mit zystischer Fibrose Kinder bekommen, sofern sie eine gute Lungenfunktion und einen guten Ernährungszustand haben.[1] Trotzdem kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigt sein, da der Schleim in der Gebärmutter und in den Eileitern zähflüssiger ist als üblich. Übermäßig zäher Schleim im Gebärmutterhals kann den Spermien den Weg zur Eizelle erschweren und so eine Befruchtung verhindern. Bei starkem Untergewicht bleibt zudem häufig die Menstruation aus – und damit auch der Eisprung.[2] 

Für den positiven Verlauf ihrer Schwangerschaft sollten Frauen mit CF diese sorgfältig planen, sich regelmäßig untersuchen und von einem multidisziplinären Team versorgen lassen, zu dem auch Physiotherapie und Ernährungsberatung gehören.

Bei Männern mit zystischer Fibrose sieht es etwas anders aus: 98 Prozent der männlichen CF-Patienten sind unfruchtbar, da ihre Samenleiter nicht ausgebildet wurden und die Spermien nicht in das Ejakulat gelangen können. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass sie auf ihr Wunschkind verzichten müssen, denn in ihren Hoden werden befruchtungsfähige Spermien gebildet. Diese lassen sich direkt entnehmen und für eine künstliche Befruchtung verwenden.

Es wird dringend empfohlen, dass sich die Partnerin oder der Partner der CF-Betroffenen beziehungsweise des CF-Betroffenen vorher genetisch untersuchen lässt, um auszuschließen, dass sie ebenfalls einen Defekt im CFTR-Gen aufweisen. Dieser würde mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass auch das Kind an CF erkranken würde. [2] Weitere Informationen zu den Auswirkungen der Erkrankung auf die Organe, gibt es in unserem Artikel „Was passiert im Körper?“, dem Artikel  „Symptome der CF“ und auf CFSource.de.

Die Schwangerschaft – ein Wechselbad der Gefühle

Die ersten drei Monate hat die werdende Mutter als anstrengend empfunden. Unterleibsschmerzen, Müdigkeit und Übelkeit waren die größten Herausforderungen. Und immer schwang – wie bei jeder werdenden Mutter – ein bisschen Angst mit, dass etwas Unvorhergesehenes passieren könnte. Doch mit fortschreitender Schwangerschaft legten sich Unsicherheiten, wozu auch ihre physiotherapeutische Begleitung erheblich beigetragen hat: „Wir haben sehr viele Atemübungen gemacht, damit meine Lunge weiterhin trainiert bleibt”, sagt sie.

Das war vor allem in der späteren Phase wichtig, weil der wachsende Bauchumfang auf die Atmung zu drücken begann. Durch ihr Ärzteteam und zwei Kliniktermine, bei denen auch ihr Diabetes überprüft wurde, hat sich Sandra stets sicher aufgehoben gefühlt. Wer würde sich sonst einen Umbau und den Umzug in ein neues Haus in der Schwangerschaft zutrauen, so wie es die junge Brandenburgerin auf den letzten Metern gemacht hat? Außerdem hat Sandras behandelnder Arzt sie beruflich rausgenommen, was ihr während der Schwangerschaft sehr geholfen hat, berichtet sie.

Kleine Rituale haben Sandra geholfen, auch mental gut durch die Schwangerschaft zu kommen. „Ich habe mir abends eine Spieluhr auf den Bauch gelegt und meiner Kleinen von dem Tag erzählt“, so die junge Mutter.

Es war Freude pur für mich und mein Gedanke während der ganzen Schwangerschaft: Je entspannter ich bin, desto entspannter ist auch mein Kind im Bauch. Sandra

Wie die kleine Malea so manche Anstrengung wettmacht

Dass die Geburt, ein Kaiserschnitt, kein Spaziergang war, hat Sandra inzwischen fast vergessen. Nur die schweren Hustenanfälle, die kurz nach Entbindung an dem frischen Bauchschnitt rissen, sind noch in bleibender Erinnerung. Dafür haben sich die Abläufe mit der kleinen Malea inzwischen sehr gut eingespielt: Das kleine Mädchen schläft viel und lässt seiner Mutter genügend Zeit, um sich um ihre Therapien zu kümmern. Ein Physiotherapeut kommt regelmäßig in der Mittagszeit auf Hausbesuch und macht mit ihr Atemübungen. Und wenn sie mal in die CF-Ambulanz muss oder andere Termine hat, übernimmt ihr Mann die Betreuung. „Es ist wichtig, den eigenen Rhythmus auch dem Kind zu übergeben, damit man Zeitfenster gewinnt, die für einen selbst wichtig sind“, empfiehlt sie.

Sandras Tipps für werdende Mütter mit CF
  1. Mutig sein und Vertrauen fassen: „Ich habe mir immer gesagt, die Krankheit ist ein Teil von mir, aber sie ist nicht alles. Dieser Gedanke und das Vertrauen in meine Ärzte haben mir sehr geholfen. Sie haben mir das gute Gefühl gegeben, dass ich bestens versorgt werde, falls irgendetwas sein sollte. Wenn sie sagen: Du bist stabil, leg los, dann kann man ruhig auch mutig sein und es tun. Im Leben kann so viel passieren: einfach auf sein Bauchgefühl hören und sich seine Wünsche erfüllen. Und dann schafft man es auch.“
  2. Sich von Anfang an Unterstützung holen: „Engmaschige medizinische Beratung und Betreuung geben dir Sicherheit. Sie sind das A und O. Aber genauso wichtig ist der Austausch mit Interessengruppen. Dabei geht es nicht um das Thema Schwangerschaft und CF, sondern ganz allgemein um den Austausch mit werdenden Müttern. Ich habe eine eigene Mütter-Gruppe gegründet. Und ich habe gemerkt, dass ich ein starker Mensch bin und auch Kraft geben kann. Trotz meiner Erkrankung oder vielleicht gerade deswegen. Es gibt ängstlichere Menschen, die von der Erfahrung anderer profitieren können. So ein Netzwerk hilft vor und nach der Geburt ungemein, weil man sich gegenseitig beraten, aber auch etwas gemeinsam unternehmen und erleben kann.“
  3. Tägliches Training ganz nebenbei: „Malea wiegt inzwischen circa 6 bis 7 Kilo. Sie in der Babyschale mit zum Einkaufen zu nehmen, das kostet Kraft. Aber es trainiert auch. Ich bin immer in Bewegung und spüre, wie meine Muskulatur stärker wird und sich meine Atmung verbessert. Es ist ein gutes Training, das meiner Fitness zugutekommt, obwohl ich nicht oft Sport mache. Ich bin ein wenig stolz darauf, wie ich das alles hinbekomme, auch wenn ich abends manchmal etwas kaputt bin. Mein Tipp: Überfordert euch nicht, seid nicht zu streng mit euch und lasst auch Pausen zu.“
  4. Über die Erkrankung sprechen: Wann ist der richtige Zeitpunkt, seinem Kind zu erklären, welche Erkrankung man hat und wie geht man am besten vor? „Ich würde es gern so handhaben, wie es meine Eltern getan haben: ganz natürlich, locker und bestärkend erklären, was ist. Es ist eine schlimme Krankheit, ja, aber ich kann damit umgehen und trotzdem eine gute Mama sein. Die Therapien gehören zu meinem Leben. Ich möchte meiner Tochter mitgeben, dass sie sich keine Sorgen machen muss oder später Mitleid bekommt.“
Ich möchte meiner Tochter mitgeben, dass sie sich keine Sorgen machen muss oder später Mitleid bekommt. Sandra

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Quellen:
  1. Mukoviszidose e.V.: Kinderwunsch und Mukoviszidose. Online abrufbar unter: https://www.muko.info/informieren/fuer-betroffene/kinderwunsch#:~:text=Mutter%20werden%20mit%20Mukoviszidose&text=Bei%20guter%20Lungenfunktion%20und%20gutem,stark%2C%20ist%20individuell%20sehr%20unterschiedlich. (zuletzt abgerufen am 01.06.2023)
  2. National Health Service: Overview Cystic Fibrosis. Online abrufbar unter https://www.nhs.uk/conditions/cystic-fibrosis/. (Zuletzt abgerufen am 01.06.2023)