Illustration von einem Jungen, der eine wachsende Pflanze in der Hand hält. Es ist zu sehen, wie eine andere Person (der Vater des Jungen) diese Pflanze gießt.

Wie spreche ich mit meinem Kind über Mukoviszidose?

Eltern von Kindern mit CF stehen mitunter vor der großen Frage: Wann und vor allem wie sprechen sie mit ihrem Kind über die Krankheit? Vorsitzender von Muko-Aktiv Augsburg und Vater eines Sohnes mit Mukoviszidose, Alexander Tenscher, teilt seine Erfahrungen und Tipps mit uns.

CF verheimlichen? Besser nicht!

Eltern möchten ihr Kind natürlich schützen und nicht belasten, aber Herr Tenscher weiß: Kinder sind sehr aufmerksam. Wenn Fragen zur Erkrankung gestellt werden, sollten diese deshalb nicht ignoriert oder ihnen mit Furcht begegnet werden. Stattdessen ist dies eine Gelegenheit, Informationen über Mukoviszidose auf angemessene und ehrliche Weise zu teilen, so Herr Tenscher.

Auch rät er dazu, einen offenen und ehrlichen Umgang zwischen Eltern und Kind zu schaffen. „Wir haben von Anfang an mit unserem Sohn über seine Erkrankung gesprochen. Natürlich ist es wichtig, einen kindgerechten Wortlaut zu finden, aber da es die Kinder sind, die die Symptome erleben, sollten den Kindern auch die Hintergründe zu diesen Symptomen erklärt werden.

Je nachdem, wie alt das von CF betroffene Kind ist und inwiefern es die Erkrankung überhaupt verstehen kann, können Eltern individuell entscheiden, wie genau sie die Mukoviszidose erklären. Aber: Egal wie detailliert man über die Erkrankung spricht, besonders das Vertrauen zwischen Kind und Eltern ist wichtig. Eine offene Kommunikation ist von großer Bedeutung, denn unausgesprochene Probleme können Angst und Unsicherheiten erzeugen.[1] Eltern von Kindern mit CF rät Herr Tenscher: „Beschönigt und verheimlicht das Thema CF nicht, sonst fühlt sich das Kind gegebenenfalls irgendwann hintergangen“.

Anstatt ein großes Gespräch zu führen, in dem alle Informationen, Gedanken und Gefühle ausgesprochen werden, können Eltern ihr Kind auch „portionsweise“ über die Erkrankung informieren.[1] Auch kann man versuchen, dem Thema die Schwere und Kompliziertheit etwas zu nehmen. Herr Tenscher berichtet: „Wir sagen immer mein Sohn hat „Muko“, das ist leichter auszusprechen – außerdem suchen wir immer nach Möglichkeiten, um ihm das Thema näherzubringen“.

Über Alexander Tenscher

Herr Tenscher lebt in Augsburg und hat einen 9-jährigen Sohn, der Mukoviszidose hat. Als Vorsitzender von Muko-Aktiv Augsburg möchte er seine Erfahrungen mit anderen Eltern teilen. Das Ziel des Vereins ist es, das Bewusstsein über Mukoviszidose in der Gesellschaft zu stärken. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen kämpft er gegen Vorurteile und informiert Kindergärten und Schulen, um CF-betroffene Familien zu unterstützen. Kinder mit Mukoviszidose sowie deren Eltern finden hier Rat sowie Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen.

Foto von Alexander Tenscher

 

Die Krankheit sollte auf keinen Fall verheimlicht werden. Es sollte eine offene und natürlich kindgerechte Kommunikation herrschen. Alexander Tenscher

Inhalieren, um den Baum (meine Lungen) zu schützen!

Um genau das zu erreichen und seinem Sohn gleichzeitig die Inhalationstherapie ohne Druck bildlich darzustellen, hat Alexander Tenscher sich etwas ganz besonders überlegt: „Ich habe meinem Sohn gesagt, wenn man einen Baum pflegt, wässert und zurechtschneidet, dann strahlt und blüht dieser. Wenn man sich aber nicht kümmert, dann kommen erste braune Flecken in das Laub, kleine Äste sterben ab und irgendwann ist der Baum kaputt und muss gefällt werden.“ Stolz erzählt der Vater, wie gut diese Technik bei seinem Sohn funktioniert. Er zeichnete das Bild des Baumes sofort und möchte seitdem, dass der Baum gesund bleibt. „Beim Inhalieren denkt er jetzt an den Baum, versteht den Zusammenhang zu seinen Lungen und nimmt so seine Behandlung ernster“, so Herr Tenscher.

Ein enges Vertrauen zwischen Eltern und betroffenem Kind ist sehr wichtig. Alexander Tenscher

Wie Mukoviszidose die eigene Lebenseinstellung ändern kann

Niemand entscheidet sich für Mukoviszidose, aber man kann seine Lebenseinstellung und – letztendlich – seine Perspektive bestimmen. Aufgrund der Kämpfe, die CF-Patientinnen und -Patienten sowie deren Familien durchleben, neigen sie dazu, eine andere Perspektive auf das Leben zu haben. Sie erkennen häufiger das Schöne in vermeintlich kleinen Dingen, Momenten und Erfolgen. Auch Alexander Tenscher und seine Familie haben es geschafft, sich auf das schöne im Leben zu fokussieren: „Wir haben das Leben mehr zu schätzen und genießen gelernt. Wir leben im hier und jetzt, denn planen können wir nicht wirklich. Jederzeit kann sich plötzlich etwas ändern, daher sagen wir lieber: Wir leben, statt zu planen.“

Unser Motto: Leben, Lachen, Lieben! Alexander Tenscher
Tipps für Eltern
  • Loslassen: Eltern können ihre Kinder nicht vor allem schützen. „Für ihre persönliche Entwicklung ist es wichtig, dass Kinder ein Maß an Eigenverantwortlichkeit lernen“, beschreibt es der 44- jährige Vater. Um Kinder ohne Druck für die Krankheit zu sensibilisieren, muss viel erklärt werden, auch mehrmals, wenn nötig, betont Herr Tenscher. „Außerdem brauchen sie ihre Freiheiten, es macht keinen Sinn, ihnen alles zu verbieten – Vertrauen ist hier das A und O.“
  • Alternativen finden: Alexander Tenscher beschreibt das Leben mit Mukoviszidose als „einen Weg der Alternativen“. Das bedeutet, anstatt dem Kind zu verbieten aufgrund von Keimen nicht in den Laubhaufen zu springen, sucht man sich etwas anderes aus – findet einen Kompromiss. Auch beim Schulausflug ins Schwimmbad sollte das Schwimmen nicht komplett verboten werden. Viel wichtiger ist, das Kind auf mögliche Gefahren zu sensibilisieren, so Herr Tenscher.
  • Verständnis zeigen: Es sind die Kinder, die die Behandlung durchmachen. Sie müssen mehrmals täglich Inhalieren, Medikamente einnehmen und zur Physiotherapie gehen - da ist es völlig normal, dass manchmal Lustlosigkeit aufkommt. Anstatt zu denken „will mein Kind mich ärgern?“ oder „versteht mein Kind den Ernst der Situation nicht?“, sollten Eltern hier Verständnis zeigen und sich fragen, wie sie sich mit den Aufgaben fühlen würden.[2]
  • Psychologische Hilfe aufsuchen: Auch sollte nicht davor gescheut werden, sich gegebenenfalls professionelle Unterstützung zu suchen. Alexander Tenscher dazu: „Es unterstützt unglaublich – es können Gedanken ausgetauscht und Ratschläge für den Alltag eingeholt werden. Mein Tipp: Diese Hilfe sollte einen über die Jahre begleiten.“ Auch wenn Eltern emotional aufgewühlt sind, bietet sich psychologische Hilfe auch an, um mit dem Kind über die Erkrankung und Behandlung zu sprechen.[1]
  • Den Humor im Alltag bewahren: „Die CF gehört zu unserem Leben und wir können sie nicht einfach wegschieben. Aber: Sie definiert uns nicht. Das ist wichtig zu verstehen, damit man die Leichtigkeit im Leben nicht verliert,“ so Herr Tenscher.
  • Vernetzung mit anderen CF-betroffenen Kindern: Durch den Austausch mit anderen fühlen sich Kinder weniger allein und mehr verstanden. Es regt auch die Motivation für die Behandlung an – Tipp: Zwei Betroffene inhalieren zusammen, das funktioniert auch gut digital.
Die CF ist wie ein unsichtbares Band zwischen uns, das uns zusammenschweißt Alexander Tenscher

Auch der Eintritt in den Kindergarten ist für Familien mit einem von CF betroffenen Kind mit einigen Herausforderungen verbunden. In diesem Artikel erfährst du, wie Anna, Thorsten und ihr Sohn Marlon diese Umstellung erlebt haben.

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Quellen:
  1. Mehr Luft. Online verfügbar unter: https://mehr-luft.at/aktuell/wie-sag-ichs-meinem-kind-mit-kindern-ueber-copd-sprechen (zuletzt aufgerufen am 06.01.2023)
  2. Muko-Aktiv Augsburg. Online verfügbar unter: https://www.muko-aktivaugsburg. de/newpage2eb947e0 (zuletzt aufgerufen am 06.01.2023)