Illustration einer Frau mit neuer Lunge und Veränderungen des Alltags

Endlich durchatmen: Das Leben nach der Lungentransplantation (Teil 1/2)

Noch zwei Jahre vor dem Interview konnte CF-Patientin Heidi Heckel keine Stunde pro Tag ohne zusätzlichen Sauerstoff auskommen. Zum Zeitpunkt des Interviews war die damals 34-jährige dank einer Lungentransplantation wieder in der Lage, durchzuatmen und ihren Alltag spontan zu gestalten. Im Interview berichtet sie über ihre Zeit vor der Transplantation, das lange Warten und wie es ihr mit der neuen Lunge geht.                                                                                            Artikel vom 21.10.2021

Eine Lungentransplantation kann für Mukoviszidose-Betroffene etwas sein, mit dem sie sich früher oder später auseinandersetzen müssen. Sobald Betroffene den ersten Schritt, nämlich die Entscheidung für eine Transplantation, gemacht haben und auf der Liste stehen, beginnt eine einschneidende Phase zwischen Bangen, Hoffen und Warten. Die Entscheidung ist auch deshalb nicht leicht, weil die Transplantation weitreichende Folgen hat: Die Transplantierten müssen ihr Leben lang Medikamente einnehmen, um so das neue Organ vor einer Abstoßung durch ihr Immunsystem zu schützen, und sich an einen sehr detaillierten Ernährungs- und Hygieneplan halten. Dennoch sind in bestimmten Fällen „die Vorteile überwältigend“, findet Heidi Heckel. Die Geschäftsführerin des Selbsthilfeverbandes Mukoviszidose e.V. Leipzig schildert ihre Erfahrungen und berichtet, wie sich ihr Leben durch die Transplantation zum Positiven verändert hat.

Über Heidi
Bild von Heidi nach der Lungentransplantation

Heidi (nach der Lungentransplantation) 

Zum Zeitpunkt des Interviews war Heidi Heckel 34 Jahre alt, gelernte Einzelhandelskauffrau und lungentransplantierte CF-Patientin. Im Selbsthilfeverein für Mukoviszidose in Leipzig arbeitete sie als Geschäftsführerin. Der Verein ist für Betroffene ein wichtiger Ort, um sich auszutauschen und Informationen zu der Lungenerkrankung Mukoviszidose und einer möglichen Transplantation zu bekommen. Heidi hat es zu ihrer Herzensangelegenheit gemacht, Patientinnen und Patienten aufzuklären und ihre Unterstützung anzubieten. 

Heidis Weg zur Lungentransplantation

Die Mukoviszidose wurde bei Heidi erst im Alter von neun Jahren diagnostiziert. Heutzutage passiert das meistens früher, denn seit 2016 ist die Diagnose im Rahmen des Neugeborenenscreenings abgedeckt und kann damit oft bereits kurz nach der Geburt gestellt werden. 

Schon damals lag hinter Heidi eine Odyssee mit vielen Infekten und Krankheiten, die niemand so richtig einzuordnen wusste. Doch nach der Diagnose konnte sie dank einer Physio- und Atemtherapie sowie Medikamenten ohne größere Einschränkungen mit der Erkrankung Mukoviszidose leben – bis zum Jahr 2012. Dieses Jahr war ein entscheidender Wendepunkt in Heidis Leben, denn ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich rapide. „Meiner Familie wurde schon gesagt, sie sollen sich darauf vorbereiten, sich von mir zu verabschieden. Aber das habe ich nicht mitgemacht“ erklärt Heidi selbstsicher. Nachdem sie insgesamt acht Wochen auf der Intensivstation und davon zwei Wochen im Koma gelegen hatte, zeichnete sich deutlich ab, dass nur noch eine Lungentransplantation wirklich helfen kann.
 

Sich Unterstützung holen

Den langen Weg zur Transplantation soll und muss niemand allein gehen. Die frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema ist wichtig, denn der Gedanke einer Transplantationsmöglichkeit bringt auch viele Ängste mit sich. Um diese zu überwinden, Sorgen zu besprechen und alle Informationen zu erhalten, ist eine gute Kommunikation mit dem Ärzteteam wichtig – unabhängig davon, ob die Entscheidung für oder gegen eine Transplantation noch offen oder schon getroffen worden ist. Auch Rat und Unterstützung von Angehörigen oder anderen Betroffenen hilft, diesen Prozess durchzustehen. 

Für Heidi war der Kontakt zu anderen, schon transplantierten Betroffenen eine große Hilfe. „Es hat gutgetan, Erfahrungen auszutauschen und Bedenken mit Menschen zu besprechen, die dasselbe durchmachen mussten wie ich.“
 

Langes Hoffen und Bangen

Das Warten auf eine Lungentransplantation ist für Betroffene und Angehörige eine schwierige Phase, die an den Nerven zerrt und sie vor große Herausforderungen stellt. Viele Betroffene verbinden mit einer neuen Lunge zwar die Hoffnung auf ein besseres Leben und auf ein Stück Normalität ohne die durch die Krankheit bedingten Einschränkungen. 

Doch sie stehen meist für eine sehr lange Zeit auf der Warteliste, bevor der ersehnte Anruf kommt. Für Patientinnen und Patienten bedeutet das, rund um die Uhr erreichbar sein zu müssen – damit umzugehen, ist nicht immer leicht. Heidi musste sieben Jahre auf eine Lunge warten. „Das Warten war schwer, der Gedanke an die Transplantation war immer im Hinterkopf“, sagt sie heute. Es habe aber auch etwas Positives gehabt, beschreibt Heidi: „Es hat mich beruhigt zu wissen, dass es noch dauert, bis es wirklich dazu kommt. Das hat mir bei der Vorbereitung geholfen.“  

Der erste Atemzug nach der OP

Die meisten Transplantationsempfänger berichten von einer Befreiung von Symptomen wie Husten und Kurzatmigkeit sowie von verbesserter Atemkraft. Genauso ging es auch Heidi. Auch wenn der erste Atemzug nach der Operation noch nicht die volle Kraft der Lunge zeigte, bezeichnet Heidi das Gefühl als „unbeschreiblich.“

Der erste Atemzug war schon der Wahnsinn. Ich hatte Gänsehaut vor Freude. Heidi

Wiedergewonnene Freiheit dank neuer Lunge

Was ändert sich nach der Transplantation? „Die Liste ist lang,“ sagt Heidi. „Es gibt sehr viele Dinge, bei denen ich vorher eingeschränkt war, die jetzt ganz normal sind,“ berichtet Heidi über ihr Leben mit der neuen Lunge. 

 Dass sie nun richtig Sport machen kann, sticht für sie heraus: „Außer Treppensteigen und meinem Haushalt konnte ich vorher nichts machen, jetzt gehe ich drei Mal die Woche ins Fitnessstudio.“ Auch die Freiheit zu haben, spontan etwas mit Freunden zu unternehmen, sei ein großer Gewinn. „Insgesamt sind es die kleinen Dinge, die wieder funktionieren“, sagt Heidi. „Meine Einkäufe selbst tragen, lange Ausflüge machen und einfach flexibel sein.“

Wie die Transplantation verläuft, kann man nie wissen. Ich würde mich trotzdem immer wieder für sie entscheiden. Heidi

Nach der Transplantation müssen Betroffene Immunsuppressiva nehmen, die das Immunsystem unterdrücken und dadurch eine Abstoßung des transplantierten Organs verhindern. Auch wenn diese den Körper etwas beeinträchtigen, lässt Heidi sich davon nicht abhalten. „Lieber schlucke ich drei, vier Tabletten mehr, als so zu leben wie vorher,“ erklärt sie bestimmt. 

Nach der Transplantation spielt auch die Ernährung eine wichtige Rolle. Selbst ein Jahr nach der Operation muss Heidi auf einiges verzichten. Aufgrund von Keimen sind roher Fisch oder Fleisch aber auch Salat und Erdbeeren tabu. Auch wenn es Umstellungen sind, an die man sich gewöhnen muss, nimmt Heidi diese Dinge gerne in Kauf, denn für sie sind es im Vergleich zu dem großen Gewinn an Lebensqualität bloß Nebensächlichkeiten. 

Das Wichtigste ist, dass man wieder atmen kann. Heidi
Wo gibt es Informations- und Selbsthilfe-Angebote für Betroffene?

Heidi empfiehlt die Informationsveranstaltungen der Medizinischen Hochschule Hannover, in der sie selbst transplantiert wurde. Auch der Mukoviszidose e.V. bietet viele Möglichkeiten, sich über die Transplantation zu informieren und auszutauschen. Dort findet ihr auch Adressen für regionale Selbsthilfegruppen. Das Ärzteteam dient zudem als erste Anlaufstelle. 

Mehr Informationen und Antworten von Expertinnen und Experten auf wichtige Fragen zum Thema Lungentransplantation gibt es auch in unserem zweiten Teil der Artikelserie.

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