Person draußen im dunklen Winter

Raus aus dem Winterblues – alles eine Frage der Einstellung?

Dunkel, nass, kalt: Die Zeit zwischen November und März würden viele Menschen am liebsten verschlafen. Der graue deutsche Winter kann nicht nur schlechte Laune verursachen, sondern sogar eine tatsächliche Depression auslösen. Für Menschen mit Mukoviszidose ist der Winter eine besondere Herausforderung, denn Infektionen haben Hochsaison. Aber die dunkle Jahreszeit kann mit einer positiven Einstellung auch gute Seiten haben.

Die Tage sind kurz, manchmal wird es noch nicht einmal richtig hell. Kein Wunder, dass das so manchem auf die Stimmung und das Gemüt schlägt. Es sind weniger Aktivitäten draußen möglich und man kommt zwangsläufig zur Ruhe. Was zur Folge haben kann, dass auch Themen ins Blickfeld rücken und nach Klärung verlangen, die während der warmen Jahreszeit durch viele Aktivitäten erfolgreich verdrängt oder überlagert werden konnten. Themen, die man nicht gerne angeht, weil sie negative Gefühle hervorrufen können.

Erhöhte Infektionsgefahr im Blick

„Gerade für Menschen mit Mukoviszidose kann der Winter gesundheitliche Einschränkungen noch spürbarer werden lassen“, sagt Diplom-Psychologin Pia Maria Schäfer, Leiterin der Abteilung Psychologie, Ergo- und Musiktherapie an der Fachklinik Satteldüne in Nebel auf Amrum, die Im Rahmen ihrer Arbeit viele Patienten mit Mukoviszidose begleitet. „Manche Patienten entwickeln dann eine regelrechte Panik vor Keimen, so dass sie überhaupt nicht mehr unter Menschen gehen wollen und sich dadurch sehr stark isolieren. Dadurch wächst das Risiko einer Depression.“

Wichtig ist es, die Angst auf ein realistisches Niveau herunterzubrechen. Pia Maria Schäfer, Leiterin der Abteilung Psychologie, Ergo- und Musiktherapie an der Fachklinik Satteldüne, Nebel

„Wichtig ist es, die Angst auf ein realistisches Niveau herunterzubrechen“, rät Pia Maria Schäfer. „Dann stellen auch Eltern manchmal fest, dass ihr Kind trotz Mukoviszidose sehr widerstandsfähig ist und auch in der Erkältungszeit problemlos in die Kita gehen kann, ohne sich anzustecken.“ Dass Betroffene oder Eltern mit ihrem CF-kranken Kind aus Angst vor Ansteckung ungern öffentliche Verkehrsmittel nutzen, sei dagegen verständlich. Der erhöhten Infektionsgefahr kann man zumindest teilweise durch Vorsorge und durchdachte Hygienemaßnahmen begegnen und so vermeiden, dass man sich komplett isoliert: Einfach ein Desinfektionsmittel einstecken und sich regelmäßig die Hände desinfizieren.

Auch gegen aufkommende schlechte Stimmung kann etwas getan werden: Wer befürchtet, mangels Sonnenlichts trübe Stimmung zu schieben, sollte über die Anschaffung einer Tageslichtlampe nachdenken. Vielen Menschen hilft es, wenn sie diese Lampe in der dunklen Jahreszeit regelmäßig nutzen.

Nicht nur gegen die erhöhte Infektionsgefahr, auch gegen aufkommende schlechte Stimmung kann einiges getan werden.

Im Winter umso wichtiger: Bewegung und gute Ernährung

Und selbstverständlich gilt auch im Winter, sich zu bewegen – am besten draußen an der frischen Luft. Regelmäßige Spaziergänge machen fit und zufrieden. Das ist leichter gesagt als getan, denn die kurzen Wintertage erfordern ein gutes Timing für Aktivitäten an der frischen Luft. Doch schon 20 Minuten in der Mittagszeit seien gut in einen kleinen Spaziergang investiert, so Psychologin Schäfer.

Jeder kann versuchen, die Dinge positiver anzugehen, die Vorteile der dunklen Jahreszeit ins Bewusstsein zu rücken. Pia Maria Schäfer

Was sonst noch hilft? Herbst und Winter lassen sich nun mal nicht ändern – unsere Einstellung dazu schon: „Ich bin überzeugt, dass viele negative Gedanken und Erwartungen, die wir haben, dann auch tatsächlich eher eintreten. Jeder kann versuchen, die Dinge positiver anzugehen, die Vorteile der dunklen Jahreszeit ins Bewusstsein zu rücken. Es kann doch auch etwas sehr Schönes haben, es sich im Winter drinnen gemütlich zu machen und zur Ruhe zu kommen, oder auch die Zeit bewusst mit sozialen Kontakten zu genießen“, sagt Pia Maria Schäfer.

Sarah: Schnee und die Ruhe im Winter sind einfach toll

Ich bin generell ein optimistischer Mensch und mag alle Jahreszeiten. Deshalb denke ich bei Winter zuerst an Schnee. Ich liebe es, wenn es geschneit hat, alles weiß ist und sich beruhigt. Und wenn dazu noch die Sonne scheint, habe ich sofort gute Laune und muss raus an die frische Luft.

Obwohl ich Mukoviszidose habe, lasse ich mich durch den Winter nicht einschränken, sondern mache weitgehend alles genauso wie sonst auch. Wenn der Temperaturunterschied zwischen drinnen und draußen sehr hoch ist, muss ich oft stark husten, wenn ich nach draußen gehe. Aber wenn das überstanden ist, komme ich mit der kalten Luft im Winter sogar besser zurecht, als mit warmer Luft im Sommer. Wenn man im Winter friert, kann man sich immer noch mal eine Schicht anziehen – bei Affenhitze schwitzt man sich dagegen einen Wolf und kann nichts dagegen tun.

Natürlich ist mir bewusst, dass für mich im Winter das Risiko für Infektionen höher ist. In der kalten Jahreszeit habe ich immer ein Desinfektionsspray in der Tasche und desinfiziere mir zwischendurch öfter die Hände, vor allem, wenn um mich herum alle schniefen und husten.

Angst vor Infekten habe ich nicht, eher ein gesundes Verhältnis dazu – ich passe einfach etwas mehr auf.

Klar sind die Tage im Winter sehr kurz und es wird gefühlt oft gar nicht richtig hell. Aber das sind doch die besten Voraussetzungen, um es sich drinnen gemütlich zu machen: Ich kuschle mich im Winter gerne mit einer Tasse Kakao aufs Sofa und schaue mir Serien an.  

Ab zum Arzt

So lange man aktiv sein und vielleicht sogar voller Vorfreude Pläne für das kommende Frühjahr schmieden kann, ist alles im grünen Bereich. Wer jedoch aus dem Stimmungstief über Wochen nicht mehr herausfindet, benötigt professionelle Hilfe. Sichere Anzeichen dafür sind, dass im Alltag nichts mehr stattfinden kann und die Tage nur so verstreichen, weil es dem Betroffenen nicht mehr möglich ist, bewusst Aktivitäten zu setzen. Dann sollte der erste Weg zum Arzt beziehungsweise in die CF-Ambulanz führen. Zukünftig wollen die CF-Ambulanzen auch ein jährliches standardisiertes Screeningverfahren zu Depression und Angst, das Mental Health Screening, einführen. Denn laut Studien weisen Patienten mit Mukoviszidose ein erhöhtes Erkrankungsrisiko auf. Das Screening hat zum Ziel, Depression oder Angststörungen frühzeitig zu erkennen und entgegenzuwirken.

Wichtigste Basis – noch vor einer Medikation – ist jedoch das Gespräch, idealerweise mit einem Psychologen oder psychosozialen Mitarbeiter der CF-Ambulanz. Pia Maria Schäfer

Eine Winterdepression ist eine meist wiederkehrende saisonale Störung. Dabei treten typische Symptome einer Depression wie gedrückte Stimmung und Antriebsarmut sowie meist auch eine Verlängerung der Schlafdauer auf. Im Frühling und Sommer bilden sich die Beschwerden meist vollständig zurück.[1] Akut könne manchmal schon ein pflanzliches Arzneimittel helfen, erklärt Pia Maria Schäfer. Allerdings sollten bei pflanzlichen Arzneimitteln mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln beachtet werden. Wichtigste Basis – noch vor einer Medikation – sei jedoch das Gespräch, idealerweise mit einem Psychologen oder psychosozialen Mitarbeiter der CF-Ambulanz, oder auch dem vertrauten Arzt. Darin können geeignete Strategien entwickelt werden, um die Depression zu überwinden und wieder eine positive Sichtweise zu erlangen. Mehr zum Thema Glück und positives Denken erfahrt ihr auch im Interview mit der CF-Betroffenen und Mental-Trainerin Carina.

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Quellen:
  1. DocCheck Flexikon: Winterdepression. Online verfügbar unter https://flexikon.doccheck.com/de/Winterdepression – zuletzt abgerufen: 08.12.2022