Frau mit Bachelorhut sieht sich im Spiegel

Mukoviszidose und Beruf: Traumjob mit chronischer Erkrankung

Die Entscheidung für einen Beruf gehört auch für junge Erwachsene mit Mukoviszidose zu den wichtigsten Themen. Dabei stehen sie vor der zusätzlichen Herausforderung, die Anforderungen von Ausbildung und Beruf mit der Therapie unter einen Hut zu bekommen. Marina, CF-Patientin und Fachapothekerin für Klinische Pharmazie, erzählte uns von ihrem Weg zum Traumjob.

Wenn sich die Schulzeit dem Ende zuneigt, rückt die Berufswahl immer stärker in den Fokus junger Erwachsener. Ausbildung, Fachhochschule, Bachelor-Studiengang mit oder ohne anschließendem Master-Studiengang – schon, wenn es um den Einstieg in das Arbeitsleben geht, haben junge Menschen die Qual der Wahl unter einer Vielzahl von Möglichkeiten. Viele Informations- und Beratungsangebote oder ein Praktikum können helfen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen und so den Job zu finden, der zu den eigenen Interessen passt. Das gilt auch für Schulabgänger mit Mukoviszidose – dennoch gibt es für sie bei der Jobsuche weitere wichtige Kriterien zu beachten.

Marina

Marina

Das weiß auch Marina aus Erfahrung. Die Apothekerin Mukoviszidose-Patientin erinnert sich noch genau an die Zeit, als sie sich mit der Berufswahl beschäftigt hat. Motiviert durch ein Auslandsjahr in einer Schule im kalifornischen San Diego und durch ihre sehr guten Noten plant die Abiturientin, Medizin zu studieren. "Ich war schon immer von Biologie, Genetik und dem menschlichen Stoffwechsel fasziniert. Mich reizte aber nicht nur das wissenschaftliche Studium, sondern auch die verantwortungsvolle Arbeit."

Aus diesem Grund beschäftigt sich Marina schon frühzeitig mit den Zugangsvoraussetzungen für diesen Studiengang und spricht mit ihrer Familie und ihrem Arzt über ihre beruflichen Pläne. Doch die Antwort ist enttäuschend. "Der Arzt war zwar überzeugt, dass ich das Studium trotz meiner gesundheitlichen Einschränkung erfolgreich absolvieren würde, aber er wies mich auf die vielen Hürden im späteren Arbeitsleben hin: 24-Stundendienste als Assistenzärztin lassen sich schwer mit morgendlichem und abendlichem Inhalieren vereinbaren, dazu die Keimbelastung durch den Kontakt mit eventuell infektiösen Patienten."

Aus meiner Erfahrung heraus rate ich allen Jugendlichen mit CF gründlich über die berufliche Zukunft nachzudenken und ihre besondere Situation mit einzubeziehen. Marina

Denn: „Man sollte nicht nur die persönlichen Interessen und Fähigkeiten hinterfragen, sondern auch, ob das Berufsleben mit einer Therapie vereinbar ist, der Verdienst für Rücklagen reicht, es Aufstiegsmöglichkeiten gibt oder ob es bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes realistisch ist, den Job in Teilzeit auszuüben."

Mukoviszidose: Berufswahl braucht einen Plan

Letztendlich entscheidet sich Marina für das Studium der Pharmazie – und absolviert dieses in Regelstudienzeit. Damit die Therapie dabei nicht zu kurz kommt, ist einiges an Disziplin nötig: Täglich inhaliert die Studierende vor und nach den Vorlesungen. Nach ihrem Studium promovierte die Apothekerin in der klinischen Pharmazie an einer Universitätsklinik.

Ich habe Mukoviszidose, aber ich wollte und will mich nicht über die Krankheit definieren lassen. Marina

Sie entscheidet sich, nicht als selbstständige Apothekerin mit ständigem Kundenkontakt zu arbeiten, und richtet das Augenmerk bei Bewerbungen auf ihr großes Interessengebiet: wissenschaftliche Arbeitsumfelder. Und so beginnt Marina ihren ersten Vollzeitjob als Gruppenleiterin bei einem Anbieter einer Arzneimittelinformationsdatenbank. "Ich habe meinen Vorgesetzten schon im ersten Gespräch über meine chronische Erkrankung informiert. Ich finde es wichtig die Krankheit nicht zu verstecken", sagt sie.

Marina spürt schnell, dass ihr selbst gewähltes Arbeitsumfeld ideal ist. Als sich die Chance bietet, zur Abteilungsleiterin aufzusteigen, sagt die junge Frau zu. In den bisherigen Berufsjahren verursacht die Vollzeitstelle im Büro bei der Mukoviszidose-Patientin zu ihrem Glück keine weitere gesundheitliche Beeinträchtigung. Weil das Team über ihre Krankheit informiert ist, reagieren diese bei Arztbesuchen oder gesundheitlichen Problemen mit viel Verständnis. Während der aktuellen Corona-Pandemie kann sie wie viele Ihrer Kollegen im Homeoffice arbeiten und sich online mit den Kollegen austauschen.

Man hat mir mal gesagt, dass ich durch die Krankheit eine sehr empathische Führungskraft bin. Aber ich bin auch stolz darauf, Verantwortung für ein Team zu übernehmen. Marina

Mit Mukoviszidose erfolgreich im Job

Das Geheimnis hinter dieser Erfolgsgeschichte ist nicht nur eine gute medizinische Versorgung, sondern auch gutes Maß an Selbstfürsorge. "Wer sich für eine aufreibende Ausbildung oder ein intensives Studium entscheidet, sollte sich vorab informieren was passiert, wenn man in einer gesundheitlich schlechten Phase vielleicht ein Pflichtseminar oder eine Prüfung nicht absolvieren kann“, rät die 35-Jährige. 

Glücklicherweise sind bei der Apothekerin diese Probleme nicht aufgetreten. Und nicht nur dies: Marina ist überzeugt, dass sie ihre Karriere auch den Menschen verdankt, die immer hinter ihr standen. „Ein Back-up ist für CF-Patienten total wichtig. Früher haben meine Eltern mir den Rücken freigehalten, heute übernimmt mein Ehemann viele Alltagspflichten.“ Sie ist sich bewusst, dass sie als Mukoviszidose-Patientin längere Erholungsphasen und viel Schlaf braucht, um leistungsfähig zu sein. Die Therapie und die vielen Arztbesuche sind sehr zeitaufwendig. „Ich bin glücklich, dass mein familiäres Umfeld mich immer dabei unterstützt hat, Beruf und chronische Erkrankung unter einen Hut zu bekommen."

Lernen und Studieren mit Mukoviszidose: Nachteile ausgleichen

Auch wenn eine chronische Erkrankung den Alltag nur zeitweise oder in einem gewissen Maß einschränkt ist es wichtig, den Berufswunsch mit einem guten Augenmerk auf die Gesundheit zu verfolgen. Marina war es glücklicherweise möglich, ihr Studium in der Regelstudienzeit und ohne Ausgleich zu absolvieren – also unter gleichen Bedingungen wie Studierende ohne Erkrankung.

Manche Mukoviszidose-Betroffene haben aber einen schwereren Krankheitsverlauf oder es ist ihnen aus anderen Gründen nicht möglich, ihre Ausbildung oder ihr Studium ohne Pausen durchzuziehen. Für sie besteht dann die Möglichkeit, für Ausbildungen, das Studium oder bei Prüfungen einen Nachteilsausgleich zu beantragen. So soll gewährleistet werden, dass alle Berufseinsteiger die gleichen Chancen haben. Dafür muss ein Nachweis über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder die Schwerbehinderung vorgelegt werden. Außerdem muss dargelegt werden, wann und warum die Cystische Fibrose die Durchführung des Studiums oder den Nachweis von Leistungen erschwert. Wichtig dabei: Damit krankheitsbedingte Fehlzeiten, ausgefallene Prüfungen oder verschobene Praktika nicht zum Nachteil werden, solltet ihr euch rechtzeitig vor dem Studium oder dem Leistungsnachweis mit dem zuständigen Ausschuss der Universität in Verbindung setzen.

Mehr Infos dazu: https://www.studentenwerke.de/de/content/studieren-mit-behinderung-%E2%80%93-geh%C3%B6re-ich-dazu

DE-20-2200192